Anerkennung – Zentralparkplatz – Kulmbach

  • Ort: Kulmbach
  • Jahr: 2015
  • Verfahren: Nichtoffener Realisierungswettbewerb nach RPW 2013
  • Auslober: Stadt Kulmbach
  • Landschaftsarchitekten: bbz landschaftsarchitekten berlin gmbh - Berlin

Konzeption
Als nordwestlicher Abschluss der historischen Altstadt Kulmbachs fungiert der neue Büttnerplatz als Bindeglied zwischen Bahnhof und Altstadt. Die bedeutende Funktion als Empfangsbereich für Touristen und Anwohner wird durch die Haltestellen der wichtigen Linienund Touristenbusse unterstrichen. Die derzeitige Nutzung als Parkplatz und Ort des Bierfestes soll auch zukünftig den Charakter des Platzes bestimmen.

Umgeben von einer von drei Seiten geschlossenen, homogenen Baustruktur sowie der prägenden Stadthalle schafft der neu gestaltete Büttnerplatz eine hohe Aufenthaltsqualität für Anwohner und Besucher. Mit seiner großzügigen Platzfläche vor den Wohn- und Geschäftshäusern bildet er gleichzeitig den Vorplatz für die Stadthalle. Ein einheitlicher Belag fasst die öffentlichen Räume des Altstadtkerns als Einheit zusammen in der sich Marktplatz und der neue Büttnerplatz als großzügige offenene Platzflächen wie ein städtisches Parkett abzeichnen. In seiner funktionalen Gestaltung und der Neugestaltung des Straßenraums der Sutte schafft er die Verbindung der Altstadt zur Stadthalle über die Sutte hinweg.

Freiraumgestaltung
Ein einheitlicher Belag der Platzfläche hebt den Büttnerplatz dezent als besonderer Raum aus der Stadtraum- und Straßenraumgestaltung der umgebenden Strassen und Gassen der Altstadt hervor. Der gesamte Platzbereich wird in einen Aufenthaltsund Bewegungsraum transformiert der die funktionalen Anforderungen eines Parkplatzes und die Infrastruktur für das Bierfest optimal und gestalterisch auf hohem Niveau integriert. Im Sinne des Shared Space zeichnen sich die reinen Fußgängerbereiche innerhalb des Straßenquerschnittes der Altstadt mit einer 3 cm hohen Aufkantung ab. Der Büttnerplatz hebt sich als Platzbereich ebenso leicht mit einer 3cm hohen Aufkantung aus dem Straßenraum der Altstadt heraus. Der großzügige und offene Platz steht in wohltuendem Kontrast zu den kleinteiligen und engen Altstadtstrassen und -gassen. Eine freie und offene Gestaltung dient der multifunktionalen Nutzbarkeit des zentralen Ortes und lädt Besucher sowie Anwohner zur individuellen Aneignung für Erlebnis und Aufenthalt ein.

Platzgestaltung/ Oberflächen/ Materialien
Die Raumkanten des Platzes werden durch die geschlossenen Fassaden der umliegenden Gebäude gebildet. Die Platzfläche ist mit einem einheitlichen Belag in gesägtem Granitgroßsteinpflaster gestaltet, welches sich leicht erhöht vom einheitlichen Granitkleinsteinbelag der umgebenden Altstadtstraßen und -Gassen und des Vorplatzes der Stadthalle absetzt. Eingefasst wird der Platzbereich durch ein 80 cm breites umlaufendes Granitband. Durch die durchgehend homogene Verlegung wird der urbane Platz trotz der Funktion als Parkplatz und Festplatz als großzügiger Aufenthalts- und Bewegungsraum wahrgenommen. Der funktionale Bereich des Parkplatzes in der südöstlichen Ecke des Büttnerplatzes wird durch einen leichten ilter aus demontierbaren Sitzelementen und Pflanzkübeln mit Felsenbirnen vom reinen Platzbereich dezent abgegrenzt. Direkt vor den platzbegrenzenden Fassaden entsteht Raum für gastronomische und gewerbliche Nutzung wie Außengastronomieflächen für Cafés. Das feine Spiel der in warmen Grautönen unterschiedlich changierenden Pflasterfläche schafft eine hochwertige Erscheinung der Platzfläche unter Verwendung des lokal bereits vorhandenen und sehr robusten Gesteinsmaterials Granit. Neben den gastronomischen Außenbewirtschaftungsflächen mit direkter Sichtbeziehung zur Plassenburg laden auch die Platzbänke zum Aufenthalt und Verweilen ein. Die Bänke erlauben teils mit Lehne und teils als Hockerbank die Orientierung in verschiedene Richtungen. Die Felsenbirnen in den transportablen Kübeln spenden wertvollen Schatten im Sommer und zonieren den reinen Bewegungs – und Aufenthaltsbereich von der Mischverkehrsfläche des Parkplatzes ab. Die mobilen Kübel und demontierbaren Bänke werden im Vorfeld von Großveranstaltungen, wie dem Kulmbacher Bierfest entfernt und zwischengelagert. Die Entwässerung des Platzes erfolgt über Pflasterrinnen parallel zur Platzrandbebauung. Medienschächte, und Klappen für die Verankerung der Zeltkonstruktion sind niveaugleich in die Platzfläche integriert. Der Vorplatzbereich der Stadthalle wird von Schnurbäumen gerahmt. Auf dem Büttnerplatz verleihen große, wohnliche Leuchten der Fläche einen eigenständigen Akzent. Die Leuchten dienen der funktionalen Beleuchtung der Platzfläche, eine Strahleroptik setzt eine Effektbeleuchtung auf dem Platz und an den Fassaden. Diese ist bei Veranstaltungen multifunktional steuerbar.

Verkehr
Der Verkehr wird im Bereich des Büttnerplatzes vor allem an der Straße “Sutte” neu organisiert. Im Zuge der Neugestaltung des Platzes erhält die “Sutte” einen 2 Richtungsverkehr mit Abbiegespuren in die Grabenstraße und Webergasse. Die Tiefgarageneinfahrt an der Straße „Sutte“ entfällt, die Barrierewirkung wird dadurch beseitigt. Künftig besteht die Möglichkeit den Parkplatz auf dem Büttnerplatz über die Sutte und die Tiefgarage über die Tiefgarage der Stadthalle anzufahren. Durch den Zweirichtungsverkehr in der Sutte und die Befahrung der Grabenstraße von Norden wird die Webergasse entlastet und das Kurzparken vor den Geschäften in der Weber- und Klostergasse wieder möglich. Die Bushaltestellen für den Linienverkehr sind in einer Doppelhaltestelle und in einer Einzelhaltestelle auf dem Vorplatz der Stadthalle situiert. Die Trennung schafft einen großzügigen Querungsbereich über die Sutte zwischen Büttnerplatz und Stadthalle. Zwei neuen Haltestellenüberdachungen, sowie ein Haltestellenbord qualifizieren die Haltestellen und erlauben den barrierefreien Ein- und Ausstieg. Im südlichen Bereich der Grabenstraße wird die neue Bushaltestelle für Touristenbusse (Plassenburg-Express) integriert. Die Stellplatzanzahl innerhalb des Parkplatzes auf dem Büttnerplatz beträgt 79 Stellplätze incl. 16 aus der Tiefgarage und 3 Behindertenstellplätzen. Diese sind im Platzbelag durch Basaltpflaster markiert. Durch die Verwendung von glatten, rutschfesten Oberflächen, wie dem gesägtem Granitpflaster wird die Lärmemission durch den Verkehr in der Innenstadt verringert und die Barrierefreiheit und Lauffreundlichkeit erhöht. 30 Fahrradbügel im Bereich der Buchbinderstraße und der Sutte bieten die Möglichkeit das Fahrrad am Rande der Altstadt abzustellen.

Wirtschaftlichkeit
Die robuste und einfache Grundstruktur erlaubt es, mit minimalen Mitteln eine hochwertige Neugestaltung des Büttnerplatzes sowie der angrenzenden Straßenräume herzustellen. Eine große Aufenthaltsqualität wird auf den Platzflächen erzeugt und die Übersichtlichkeit und Bewegungsfreiheit in den Straßenräumen und Gassen erhöht. Wenige hochwertige Details und eine hochwertige Materialverwendung geben dem Ort eine angemessene Noblesse innerhalb des Stadtgefüges. Dabei wird auf zeitlose und einfache Materialien wie Granit und eine einfache, zeitlose Formensprache gesetzt.

Tiefgarage
Die Tiefgarage unter dem neuen Büttnerplatz wird zukünftig über die Tiefgarage der Stadthalle erschlossen. Der Entfall der aktuell bestehenden Rampenanlage macht den Platz besser nutzbar und erhöht die Attraktivität. Die Barrierefreiheit auf dem Platz sowie die Wegebeziehung zur gegenüber liegenden Stadthalle werden wesentlich gestärkt.

Teilerhalt statt Abriss – INLAYKONZEPT
Es wird ein Teilerhalt der TG angestrebt um Kosten und Bauzeit zu reduzieren. Idee ist es, die neue TG in Form eines INLAYS zu konzipieren. Decke, Unterzüge, Stützen und Rampen der bestehenden TG werden komplett entfernt. Bodenplatte und Wände hingegen werden erhalten und können als verlorene Schalung für die neue TG verwendet werden. Die nordwestlichen Technik- und Lüftungsbereiche werden komplett erhalten um aufwendige Abfangungen und Erdarbeiten an der Bestandsbebauung zu vermeiden. Die neue Konstruktion der Tiefgarage ist eine punktgestützte Flachdecke. Durch den Entfall der Unterzüge kann insgesamt eine größere lichte Höhe generiert werden. Die Deckenplatte hat eine Stärke von d=45 cm und wird aus Stahlbeton C30/37 hergestellt. Die Stützenabmessungen betragen 30/50, die Dicke der Fundamentplatte d=45 cm. Alle befahrenen bzw. im Spritzwasser befindlichen Bauteile werden aus Stahlbeton C35/45 hergestellt. Die Dauerhaftigkeit dieser Bauteile wird zusätzlich über ein Oberflächenschutzsystem (OS 8) sichergestellt. Die gesamte Konstruktion wird als „Weiße Wanne“ gemäß der WU-Richtlinie ausgebildet. Das Tragwerk der TG ist so ausgelegt, dass die Schwingungsfrequenzen durch das Bierfest berücksichtigt sind. In Kombination mit der 45cm starken Stahlbetondecke ist es nun möglich, das Zelt wie gewünscht, unabhängig vom Stützenraster der TG, zu positionieren.

Organisation TG
Unter Berücksichtigung von Übersichtlichkeit, Tragwerk, Stellplatzabmessungen, Brandschutz, Wirtschaftlichkeit, Bauzeit, und weiteren Aspekten entschließt sich der Verfasser für eine kompakte und effiziente TG. Insgesamt werden 131 PKW Stellplätze und 11 Motorradstellplätze nachgewiesen. Die fehlenden 16 Stellplätze werden auf dem Platz realisiert. Weitere Stellplätze wären in der neuen TG realisierbar (siehe Plan), aus Sicht des Verfassers aber nicht wirtschaftlich. Die unterzugsfreie Konstruktion ermöglicht die Verteilung aller Medien wie Lüftung, Beleuchtung, Beschilderung, Abwasser, etc. unter der Decke. Die neue TG wird übersichtlich, gut ausgeleuchtet, Angsträume werden vermieden.

Verknüpfung mit dem Büttnerplatz
Die Position des heutigen Hauptzugangs an der südlichen Ecke des Platzes bleibt erhalten. Der Hauptzugang selber hingegen wird durch eine neue, transparente und moderne Glaskonstruktion ersetzt. Hier befindet sich auch der barrierefreie Zugang zur TG. Das öffentliche WC ist im UG direkt an der Treppe und am Aufzug angeordnet. Der Vorbereich wird natürlich belichtet und erhält somit eine hohe Attraktivität. Nachts wird der neue Glaszugang zur Lichtinstallation und erleichtert so das Auffinden für die Gäste der Stadt. Die 3 Nebenzugänge zur TG werden in ihrer Lage beibehalten, erhalten aber ebenfalls ein neues, gläsernes Gewand.

Nutzung während des Bierfestes
Während des jährlichen Bierfest können die Servicebereiche in der TG mit Kleintransportern über die Zufahrt der TG Stadthalle angefahren, die alte Zufahrt muss nicht mehr aufwendig verschlossen werden. Auch eine Absteifung der TG Decke ist selbstverständlich nicht mehr nötig. Versorgungsleitungen und 2 mobile Aufzüge sind in der Planung berücksichtigt.

Brandschutz und Rettungswege
Die derzeit gültige GaStellV enthält für geschlossene Großgaragen die Forderung für Weglängen von höchstens 30 m bis zum nächsten Ausgang. Diese Anforderung kann mit dem neuen TG Konzept nun endlich erfüllt werden, und das, ohne ein 5. Treppenhaus realisieren zu müssen, das die Nutzung der Platzfläche weiter einschränken würde.

Bauzeit, Bauphasen
Aufgrund des vorgeschlagenen INLAY-Konzept in Kombination mit der Vorfertigung von Stützen-, Wand und Deckenelementen ist eine Realisierung der gesamten Baumaßnahme von TG und Platz in 11 Monaten möglich.

Wirtschaftlichkeit
Eine hohe Wirtschaftlichkeit ist dadurch gegeben, dass große Teile der bestehenden Tiefgarage erhalten werden und die Erdarbeiten an den Bestandsbauten vermieden werden. Dies bedeutet Reduzierung von Abriss und Entsorgung, Reduzierung der Erdarbeiten, Reduzierung von Neubauvolumen.