2. Preis – Urbaner Holzbau Schülerwohnheim Bayernkolleg – Augsburg

  • Ort: Augsburg
  • Jahr: 2015
  • Verfahren: Nichtoffener Realisierungswettbewerb nach RPW 2013
  • Auslober: Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliches Bauamt Augsburg
  • Tragwerksplanung: ifb frohloff staffa kühl ecker - Berlin
  • Brandschutz: Reinhard Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure - Berlin
  • Bauphysik / Energiedesign: Ingo Andernach - Berlin
  • Landschaftsarchitekten: bbz landschaftsarchitekten berlin gmbh - Berlin

GEBÄUDESTRUKTUR UND ERSCHLIESSUNG
Allgemeine Situation
Der Unterschnitt im südwestlichen Bereich markiert eindeutig den wettergeschützten Zugang des neuen Schülerwohnheim. Durch diesen Unterschnitt gelangt der Besucher zum zentralen und großzügigen Treppenhaus. In Anlehnung an das Haupttreppenhaus der ehemaligen Pädagogischen Hochschule ist es durchgesteckt konzipiert. Es ist nicht nur vertikale Erschließung sondern auch Begegnungs- und Kommunikationsraum auf allen 3 Geschossen. Über großformatige Fensteröffnungen gibt es Blickbezüge zum Zugang des Campus im Westen und auf die östlich gelegenen, dem Schülerwohnheim zugeordneten, Freianlagen.

Erdgeschoss
Während der nördliche Gebäudeteil den 1. Gruppenbereich leicht erhöht (50cm) in Form eines Hochparterres beherbergt, befinden sich im südlichen Gebäudeteil die gemeinschaftlichen Freizeitbereiche, die Verwaltung und die WC -Anlage.
Die Freizeiträume können bei Bedarf in Teilen oder in Gänze bis zu einer Fläche von 120 m² zusammengeschaltet werden. Die Erschließung erfolgt über einen 2m breiten seitlich angelagerten Gang, der parallel zum Unterschnitt verläuft. Blickbeziehungen und Wegeverbindungen zwischen der inneren und der äußeren Erschließung fördern die Kommunikation der Bewohner untereinander. Die lichte Raumhöhe beträgt hier 3,20m.

Obergeschosse
In den Obergeschossen erreicht man vom zentralen Treppenhaus 2 Gruppenbereiche mit jeweils 11 Appartements und einem gemeinschaftlichen Aufenthaltsbereich mit Küche. Die Küche befindet sich am Ende des Mittelflures, direkt angrenzend am Raucherbalkon des außenliegenden Treppenhaus. Aufgrund ihrer sozialen Bedeutung wird die Küche großzügig über Eck belichtet. Die lichte Raumhöhe beträgt hier 2,70m.

Kellergeschoss
Beim Kellergeschoss handelt es sich um eine Teilunterkellerung im Bereich des zentralen Treppenhauses. Hier befinden sich Technik- und Lagerräume, sowie Waschküche mit Trockenraum. Nach Norden und Süden wird der Flur verlängert, um die Horizontaltverteilung der Lüftungsanlage und der übrigen Medien bis an die vertikalen Schächte zu führen.

Dachbegrünung
Die Dachfläche wird als extensive Dachbegrünung ausgeführt, mit den folgenden Vorteilen zu einer klassischen Dachabdichtung mit Kiesschüttung.

Längere Lebensdauer der Dachabdichtung durch Schutz vor UV-Strahlung, Temperaturdifferenzen, Hagelschlag und Krustenbildung
Regenwasserrückhalt
Ökolog. Ausgleichsfläche (Eingriff-Ausgleichs-Regelung), Lebensraum für Pflanzen und Tiere

PV-Anlage optional
Optional kann eine PV-Anlage (Südausrichtung / 30° Neigung) auf dem Dach platziert werden. Bei einer Fläche von 400 m² würde der gesamte Direktverbrauch durch Ventilatoren und Wärmepumpe abgedeckt. Die Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme sollte durch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorab untersucht werden. Für eine Passivhaus Zertifizierung ist eine PV-Anlage nicht notwendig.

FREIANLAGEN
Allgemeine Situation
Der Freiraum um den Neubau des Schülerwohnheims ist durch landschaftliche Wiesenflächen und einen dichten Baumbestand im Südosten geprägt. Dieser schirmt das Entwurfsgebiet zur stark frequentierten Hans-Böckler-Straße ab. In seiner Qualität als attraktive Raumgrenze wird der Baumbestand gestärkt, stellenweise verdichtet und als elementarer Bestandteil in das Freiraumkonzept eingebunden. Im Kontrast dazu werden die übrigen Bereiche durch hochwertige Rasenflächen und vereinzelte Baumgruppen gegliedert.

Zugangssituation und Parken
Von der Schillstraße erreicht man über eine großzügige Erschließungsstraße die Freianlagen rund um das neue Schülerwohnheim. Die Straße bindet an den Pkw-Stellplatz an. Dieser erstreckt sich unter einem lichten, aber dennoch Schatten spendenden Baumhain. Rund 30 Pkw-Stellplätze sowie 3 barrierefreie Stellplätze bieten genügend Parkraum für Bewohner und Besucher. An den Stellplatz angliedernd, befinden sich überdachte Fahrradstellplätze sowie ein 4x6m großer Fahrradraum.

Vorplatz
Von den Fahrradstellplätzen gelangt man zu dem neuen Vorplatz des Schülerwohnheims. Dieser bildet die hochwertig gestaltete Adresse des Wohnheims und bietet mit seinen großzügigen Sitzbänken eine hohe Aufenthaltsqualität für Bewohner und Besucher.

Rückzugsorte
Das Wohnheim ist bis auf diesen repräsentativen Vorplatz von Rasenflächen mit lockeren Baumsetzungen gerahmt. Diese bieten für die Bewohner Rückzugsorte, die zum Verweilen einladen. Im Bereich des Gebäudeunterschnitts befindet sich befestigter Bodenbelag, der an die Gemeinschafts- räume und den Vorplatz anschließt.

Freiraum Mensa und Kita
Im Außenbereich der Kita sowie der Mensa finden sich Spielflächen und Aufenthaltsbereiche in privater Atmosphäre. Sie werden von einer Rasenböschung mit Sitzstufen gefasst, die im lichten Schatten lockerer Baumgrüppchen zum Verweilen einladen. Die südlich anschließende Rasenfläche ist robust gehalten und kann als Sportfläche genutzt werden und fungiert so als weiterer zentraler Begegnungsort des Campus.

HÜLLE HOLZ – TRAGWERK MASSIV
Das Konstruktionsprinzip besteht in einer Gliederung in massives Tragwerk und leichte Holzhülle.

Tragwerk Massiv
Das Tragwerk ist als klassische Massivbaukonstruktion in Schottenbauweise geplant. Für Decken, Bodenplatte, Kelleraußenwände (WU) und Stützen ist Stahlbeton vorgesehen. Die Innenwände werden in großformatigen KS Plansteinen errichtet. Vorteile:

Dauerhaftigkeit
Robustheit
guter Schallschutz
gute Speichermasse für sommerlichen Wärmeschutz
kostengünstig weil konventionelle Bauweise

Hülle Holz
Die komplette opake Gebäudehülle wird in Holzrahmenbauweise erstellt. Vorteile:

lebendiges und angenehmes Erscheinungsbild
geringe Wärmeleitfähigkeit von Holz ist eine optimale Materialeigenschaft für eine hoch gedämmte Gebäudehülle
Nachhaltig weil Holzhülle (Holzanteil ca. 87%) CO2 speichert
Nachhaltig weil bei der Produktion weniger CO2 anfällt als bei einer klassischen Massivbau Fassade mit WDVS
sehr hoher U-Wert im Verhältnis zur Bauteiltiefe (mehr Nutzfläche / BGF),
hinterlüftete und diffusionsoffene Fassade (keine Schimmelbildung wie WDVS)
komplette werksseitige Vorfertigung inkl. Fenster und Lärchenholzverschalung, dadurch kurze Bauzeit und hohe Qualität
Cradle to Cradle: Fassade kann komplett recycelt werden, keine teuren Entsorgungskosten bei Rückbau

BRANDSCHUTZ
Allgemeine Situation
Das geplante neue Schülerwohnheim ist nach BayBO ein Sonderbau der Gebäudeklasse 3.
Aufgrund seiner Gebäudelänge von ca. 60m wird es in zwei Brandabschnitte gegliedert. Brandabschnitt 1 beinhaltet den südlichen Gebäudeteil und einschließlich des zentralen Treppenhauses. Brandabschnitt 2 beinhaltet den nördlichen Gebäudeteil inkl. einer möglichen Erweiterung nach Norden um ca. 14m.

Rettungswege
Das zentrale Treppenhaus stellt den 1. baulichen Rettungsweg für die Wohngeschosse im 1. und 2. OG dar. Sowohl der nördliche als auch der südliche Gebäudeteil verfügen über einen 2. baulichen Rettungsweg in Form einer außenliegenden einläufigen Treppe als Stahlkonstruktion.
Ein Anleitern durch die Feuerwehr ist nicht notwendig.

Baulicher Brandschutz
Die Brandwand und die Geschossdecken sind hochfeuerhemmend F60 herzustellen. Die Decke über dem Kellergeschoss muss feuerbeständig sein F90-AB.
Alle weiteren Innenwände sind in F30 herzustellen.

 

Geschossübergreifende Installationsführung – Schottung
Zu- und Abluft der kontrollierten Be- und Entlüftung, sowie Zu- und Abwasser werden im KG horizontal verteilt und anschließend vertikal in die einzelnen Appartements eingebracht. Die Schottung erfolgt in der Ebene der Geschossdecken. Dadurch gibt es keine Anforderungen an die Durchführung von Zu- und Abluft und den übrigen Medien aus dem F30 Schacht in die einzelnen Appartements. Die Schächte können jeweils vom Flur aus über eine F30 Revisionsklappe erreicht werden. Somit ist Wartung und Verbrauchsablesung ohne Zugang zu den Appartements möglich.

Aussenwand nichttragend
Für die Gebäudeklasse 2 fordert die BayBO für nichttragende Außenwände das Brandverhalten B2. Die Anforderung B2 wird durch die geplante nichttragende Außenwand erfüllt.

KURZE BAUZEIT DURCH VORFERTIGUNG
Die Gebäudehülle aus Holzrahmenelementen wird komplett werksseitig vorgefertigt und kommt dann inklusive der Lärchenholzverschalung und der fertig eingebauten Fensterelemente auf die Baustelle. Die Elemente werden geschossweise und über 3 Schotten hinweg im Format 10,70m x 3m gefertigt und per Kran montiert.
Die Montage eines kompletten Geschosses beträgt lediglich 5 Werktage.
Zusätzlich zur Holzfassade, ist die Vorfertigung der Sanitärzellen bei der vorliegen Stückzahl von 50 Stück wirtschaftlich und sinnvoll. Die Sanitärzellen können als 50mm starke, bewährte Betonfertigteile vorgefertigt werden und inkl. der kompletten Heizungs- und Wasserinstallation, Mengenzähler, ELT-Verteilung, Boden- und Wandbeläge eingebracht werden. Bauseits muß nur noch die Anbindung an die Strangleitungen erfolgen.
Vorteil der Vorfertigung sowohl bei der Holzfassade und den Sanitärzellen:
Kurze Bauzeit und hohe Qualität durch werksseitige Vorfertigung.