- Ort: Dinslaken
- Jahr: 2015
- Verfahren: Nichtoffener Wettbewerb nach RPW
- Auslober: Stadt Dinslaken
- Landschaftsarchitekten: bbz landschaftsarchitekten berlin gmbh - Berlin
Konzeption – Städtebauliche Einbindung
Der Bahnhofsplatz ist der zentrale Verkehrsknotenpunkt im nördlichen Zentrum von Dinslaken. Während er sich heute nur als Verkehrsraum darstellt, soll er zukünftig auch attraktiver Quartiersplatz mit hoher Aufenthaltsqualität für die Anwohner werden und als Tor zum Dinslakener-Zentrum ein Ort mit hohem Identifikationswert werden.
Um dieses Ziel zu erreichen wird die Verkehrsführung auf dem Platz so geändert, dass der Individualverkehr den Platz nicht mehr quert und großzügige, zusammenhängende und attraktive Bereich für Fußgänger gewonnen werden. Die historisch wichtige Verbindung zwischen der Dinslakener Innenstadt (Platz D’Agen) und Bahnhof, die Friedrich-Ebert-Straße, wird durch eine Wiederherstellung der wichtigen direkten Blickbeziehung zum Bahnhofsgebäude als durchgehende Verbindung im Stadtraum wieder lesbar. Bismark- und Bahnstraße dienen den Platz im Westen bzw. Osten an und stellen die Erreichbarkeit des Bahnhofs sicher. Diese Maßnahmen ermöglichen eine große Platzfläche, die vom Individualverkehr freigehalten werden kann. Der neue Busbahnhof definiert sich über eine leichte Dachkonstruktion, die unauffällig die in den Platz integrierten Bussteige überspannt. Ein einheitlicher Pflasterbelag aus Granit-Kleinsteinpflaster fasst den Bahnhofsplatz in seiner komplexen Geometrie als Platzraum zusammen. Das denkmalgeschützte Kioskgebäude wird mit der Nutzung als Café zum lebendigen und aktiven Zentrum des Platzes. Bäume in freier Setzung markieren die Aufenthaltsbereiche auf der Platzfläche. Es entstehen Orte, an dem man unter Bäumen verweilen und in der Sonne sitzen kann, ein Ort der Raum für die unterschiedlichen Anforderungen der Nutzergruppen bietet.
Platzgestaltung
Die Platzfläche des Bahnhofsplatzes wird durch die Fassaden der umliegenden Gebäude gefasst. Der neue Busport als moderne architektonische Setzung verleiht dem Platz einen hohen Wiedererkennungswert und einen großzügigen Charakter. Die Platzbereiche erhalten einen einheitlichen Belag aus gesägtem Granit-Kleinsteinpflaster, dass in einem richtungslosen Passé-Verband verlegt ist. Die Bus- und Straßenbahnhaltestellen sind mit 18 cm bzw. 24cm hohen Haltestellenkaps ausgebildet, die sich barrierefrei aus den Platzflächen heraus entwickeln. Taktile Elemente wie Aufmerksamkeits- und Leitstreifen sind an den Haltestellen von Bus und Straßenbahn angeordnet und verbessern die Orientierung für Blinde und Sehbehinderte. Große Baumscheiben, gefasst durch niveaugleiche Natursteinbänder aus Granit, gliedern und strukturieren den einheitlichen Platzbelag. Das feine Spiel der in warmen Grautönen unterschiedlich changierenden Pflastersteine verleiht der Platzfläche eine hochwertige Anmutung und einen hohen Aufenthaltswert.
Der Platz wird durch lichte Baumhaine geprägt, die sich über alle Platzbereiche erstrecken und die erhaltenswürdigen Baumbestand zu einem großen Teil integrieren. Schnurbäume verleihen neben den Bestandsbäumen der großzügigen Platzfläche durch ihr lichtes, malerisches Baumdach ein südländisches Flair. Sie werden sukzessive aufgeastet um eine Großzügigkeit, Sichtbezüge und die Orientierung zu gewährleisten.
Unter dem lichten Baumdach bleibt der Platz frei von weiteren gliedernden Elementen, einzig die den Baumgruppen zugeordneten Bankelemente und der Bestandsbrunnen auf dem südlichen Platzbereich zonieren den Bahnhofsvorplatz. Die Bankelemente sind als Betonmonolithe mit Sitzauflagen in Holz gestaltet. Der Brunnen setzt einen klaren Akzent auf der Platzfläche. Diese wenigen Elemente übernehmen eine bewegungsführende und lenkende Wirkung und tragen so zur Vermeidung von Nutzerkonflikten bei. Wege- und Sichtbeziehungen zwischen den wichtigen Funktionsräumen sind klar erkennbar, eine gute und direkte Verbindungsmöglichkeit zwischen diesen wird hergestellt. Der Kiosk mit der Nutzungserweiterung als Café entfaltet einen Ort des Aufenthalts und der Kommunikation für Anwohner und Reisende. Ihm ist eine Fläche zur Außenbestuhlung zugeordnet die zu einer weiteren Belebung der Platzfläche und Steigerung der Aufenthaltsqualität beiträgt. Im lichten Schatten der Bäume lässt es sich hier im Sommer beim Kaffee oder Aperitif verweilen. Im Boden versenkbare Mediensäulen, bieten die nötigen Medienanschlüsse für Veranstaltungen. (z.B. Weihnachtsmarkt) Die östliche und westliche Platzkante bieten breite Fußgängerbereiche mit Raum für Ladengeschäfte und Außengastronomie die den Bahnhofsplatz zusätzlich beleben. Im Bereich des Bahnhofs wir an der Wand zum Bahndamm ein doppelstöckiges, überdachtes Fahrradparksystem vorgeschlagen, welches 500 Fahrräder aufnimmt und aufgrund seiner Längsausdehnung ohne Staus und Wartezeiten, einfach zu bedienen ist. Hier werden auch die WC-Anlage und die benötigte Trafostation angeordnet.
Lichtkonzept Platzfläche
Die Grundbeleuchtung des Bahnhofsplatzes wird durch Mastleuchten entlang der Flanken und locker gesetzten Lichtstelen in den Aufenthaltsbereichen hergestellt. Eine besondere Inszenierung erfahren die Objekte auf der Platzfläche. Tagsüber Sitzelement, Brunnen, oder Kiosk, werden die Elemente auf dem Platz nachts zu Leuchtobjekten. In den Schattenfugen verborgene Leuchtmittel bringen die Objekte selber zum Leuchten, so bleibt die Aufenthaltsqualität auch in den Nächten gewährleistet. Das den Busbahnhof bespannende Dach wird nachts komplett zum Leuchtobjekt das über dem Platz schwebt. Die Beleuchtung der zentralen Sitzelemente, des Brunnens des Kiosks, Busports und der Straßenbahnhaltestelle haben Signalwirkung im Platzraum und markieren die Objekte aus einer gewissen Entfernung.
Straßenraumgestaltung Bahnstraße
Durch die Reduktion der Parkplätze und den zentralen P+R Parkplatz wird der Suchverkehr stark abgeschwächt. Lediglich der Anwohnerverkehr, Taxen und Kiss&Ride-Nutzer frequentieren nun diesen Straßenraum. Das ermöglicht eine besser Durchgrünung des Straßenraums und großzügigere Fußgängerbereiche. Der neue Plattenbelag aus der südlichen Bahnstraße wird bis zum Bahnhofsplatz weitergeführt und macht so die Wegeverbindung zum Neutorplatz sichtbar. Die städtebauliche Arrondierung am nördlichen Ende der Bahnstraße stellt einen weiteren Baustein zur Aufwertung des Quartiers dar.
Verkehrskonzept
Die Verkehrströme am und auf dem Bahnhofsplatz werden entflechtet und gebündelt. Für die Tram wird die platz- und kostensparende Variante des Wendestichs mit einer Haltestelle vor dem Bahnhof vorgeschlagen. Die bestehende Kreuzung Wilhelm-Lantermann-Straße / Friedrich-Ebert-Straße wird verkehrlich entlastet, indem hier nur die Tram ein und ausfährt und die Busse auf einer parallelen Fahrspur ausfahren. Der Individualverkehr und der Busverkehr werden über die Kreuzung Wilhelm-Lantermann-Straße / Bismarkstraße auf den Platz bzw. zum zentralen P+R Parkplatz geleitet. Lediglich der Individualverkehr fährt an dieser wieder aus. Die ehemalige Wendeschleife wird zum zentralen und einzigen P+R Parkplatz umgebaut. Die Bahnstraße wird als Stichstraße mit Wendeschleife ausgebildet. In dieser östlich des Bahnhofs gelegenen Wendeschleife befindet sich ein kleinerer Kurzzeitparkplatz, welcher bewirtschaftet werden kann. Zudem werden hier Carsharing und E-Mobilstationen angeboten. Taxen und Kiss&Ride finden hier auch ihren Platz in direkter Nähe zum Bahnhofsgebäude.
Straßenbahn – Die Straßenbahnhaltestellen werden auf der östlichen Platzseite mit direkter Wegeverbindung zum Bahnhof angeordnet. Anstatt der bisherigen Wendeschleife wird platz- und kostensparende Variante des mit der Haltestelle kombinierten Wendestichs vorgeschlagen.
Bus – Sämtlicher Busverkehr wird über den zentral auf dem Platz angeordneten Busport abgewickelt. Hier finden sich mit Kaps versehen neun Haltemöglichkeiten für Stadt- Regional- und Fernbusse. Der Busverkehr wird über die Kreuzung Wilhelm-Lantermann-Straße / Bismarkstraße auf den Platz und über eine eigene Spur parallel zur Straßenbahn im Bereich der Kreuzung Wilhelm-Lantermann-Straße / Friedrich-Ebert-Straße vom Platz geführt.
MIV – Durch die Anlage des zentralen P+R Parkplatzes westlich des Bahnhofes und der Anordnung der Taxi-Zufahrt und Carsharing-Stellplätze östlich des Bahnhofes wird eine Entzerrung der Verkehrsströme und eine Reduzierung von Nutzerkonflikten erreicht. Der Parksuchverkehr in den anliegenden Quartieren wird stark reduziert. Der Platzbereich des Bahnhofsvorplatzes wird komplett vom MIV befreit, die Zufahrt zum P+R-Parkplatz über eine Fahrspur am westlichen Platzrand gewährleistet.
Fußgänger – Für Fußgänger verbessert sich die Lage deutlich. Die neue Platzfläche schafft eine großzügige und zusammenhängende Fläche für den fußläufigen Verkehr. Die benötigten Überwege für Fußgänger an den Knoten sind so kurz wie möglich angelegt und kompakt zusammengefasst. Sie verbinden unmittelbar die Haltebereiche der Busse und der Straßenbahn mit den übrigen Platzbereichen. Die Haltestellen werden barrierefrei mit Kaps ausgebildet, die bei Niederflurfahrzeugen ein niveaugleiches Ein- und Aussteigen ermöglichen.
Radfahrer – Die Führung der Radfahrer erfolgt über Radfahrstreifen auf der Fahrbahn zur besseren Sichtbarkeit für den Fahrzeugverkehr (Vermeidung des „Rechtsabbiegerkonflikts“) und zur Minimierung des Verkehrsflächenbedarfs insgesamt. Für links abbiegende Radfahrer werden Wartebereiche an den Fußgängerfurten vorgesehen zur gemeinsamen Führung mit den Fußgängern.
Fahrradständer befinden sich dezentral an strategisch sinnvollen Positionen am Platz, wie zum Beispiel der Straßenbahnhaltestelle und den Einzelhandelsflächen. Im Bereich des Bahnhofs wir an der Bahndammwand ein doppelstöckiges, überdachtes Fahrradparksystem vorgeschlagen, welches 500 Fahrräder aufnimmt und aufgrund seiner Längsausdehnung wartezeitfrei zu bedienen ist.
Wirtschaftlichkeit
Die robuste und einfache Grundstruktur erlaubt es, mit minimalen Mitteln eine hochwertige Neugestaltung des Bahnhofsplatz herzustellen. Eine große Aufenthaltsqualität wird geschaffen und gleichzeitig die Übersichtlichkeit und Bewegungsfreiheit erhöht. Wenige hochwertige Details und eine hochwertige Materialverwendung geben dem Ort eine angemessene Noblesse und werten ihn zum zentralen Eingang des Dinslakener-Zentrums und Mobilitätsdrehscheibe zwischen Bahn- Regional- und Stadtverkehr auf. Dabei wird auf zeitlose und einfache Materialien wie Naturstein und eine klassische Formensprache gesetzt. Der Bahnhofsplatz besticht durch seine schlichte, zeitlose Eleganz in dem ihn umgebenden lebendigen Stadtraum.
Dachtragwerk und Busbahnsteig ZOB
Aus Sicht des Verfassers hat das Dachtragwerk nicht nur funktionale, sondern auch gestalterische und identitätsstiftende Anforderungen zu erfüllen. Vorgeschlagen wird eine lichtdurchflutete, trapezförmige Stahlleichtbaukonstruktion mit Membrankissen in reduzierter und konstruktiver Formensprache.
Das transluzente Membrankissen misst ca. 2m im Stich und läuft an den Rändern filigran in einer weißen Aluminiumeinfassung zusammen. Die spektakuläre Membrankonstruktion hat eine sehr gute städtebauliche Fernwirkung und schafft eine gute Orientierung und Auffindbarkeit der Bussteige. Nachts wird die Membrankonstruktion unterseitig angestrahlt und reflektiert das Licht zurück auf die Bussteige.
Die Membrankonstruktion ermöglicht eine lichte, filigrane und wettergeschützte Konstruktion mit einer hohen Aufenthaltsqualität für die Nutzer. Auf künstliche Belichtung kann tagsüber komplett verzichtet werden. Um auch Abends / Nachts einen Angstraum unter dem Dachtragwerk zu vermeiden, ist eine helle und gleichmäßige Ausleuchtung der Fläche insgesamt, sowie der Bussteigkante im Besonderen von hoher Bedeutung.
Für jeden Bussteig wird eine Sitzgruppe mit insgesamt 18 Einzelsitzen kombiniert mit einem Windschutzelement und Papierkörben vorgesehen. Die DFI´s (Digitale Fahrgast Information) und ggf. statische Anzeiger werden beidseitig an den Stützen gut sichtbar positioniert und sind in ein gesamtheitliches Wegeleitsystem integriert.
Die Barrierefreiheit für Geh- und Sehbehinderte wird über den glatten Belag mit Blindenleit- und Kontraststreifen, die notwendigen freien Bewegungsflächen an den Einstiegsbereichen der Busse, sowie eine barrierefreien Beschriftung gewährleistet.
Aufgrund der kompletten Vorfertigung kann das Dachtragwerk (exkl. Gründung) innerhalb von 8 Wochen komplett montiert und die Bauzeit entsprechend verkürzt werden.
Tragwerksbeschreibung
Das Primärtragwerk der Bussteigüberdachung besteht aus einem ebenen trapezförmigen Stahlrost. Ein ca.3m tiefer liegender Fachwerkträger bildet einen umlaufenden Rahmen und schließt die Randkräfte aus der Kisseneindeckung kurz. Der Stahlrost ist an den Kreuzungspunkten der Hauptträger auf insgesamt 12 vertikalen Rundrohrstützen mit einem Durchmesser von ca. 300mm gelenkig aufgelagert. An den Fußpunkten sind die Stützen biegesteif in die Fundamente eingespannt. Die Eindeckung besteht aus zwei trapezförmigen Großkissen die sich am Hauptträger in Dachmitte treffen und von dort jeweils bis an die Ränder des Stahlrostes spannen.
Um einen möglichst flachen Kissenverlauf zu erreichen wurden im Abstand von ca. 3m Seile zur Verstärkung der Membrane vorgesehen. Die Seile sind nicht mit der Membrane verbunden, sondern sind nur aufgelegt. Durch den Innendruck legt sich die Membrane auf den Seilen ab und trägt somit lediglich zwischen den Seilen. Dort gibt sie die Lasten auf die Seile weiter die wiederum bis zum Rand- bzw. Mittelträger spannen. Die obere und die untere Kissenlage haben den selben Verlauf und die selbe Form.
Die Entwässerung der oberen Membranlage erfolgt über eine offene Rinne die zwischen der Membrandachfläche und dem Randträger angeordnet ist. Die Rinne ist somit für den Betrachter vom Boden nicht sichtbar, das Dach endet umlaufend mit dem Stahl-Randträger. Die Ableitung des Wassers erfolgt über Rohre entlang der Rostträger zu den Stützen und wird innerhalb des tragenden Querschnitts zum Bodenkanal geführt. Die Mittelrinne zwischen den beiden Kissen wird begehbar ausgeführt. die Entwässerung erfolgt auch hier durch die direkt darunterliegenden Tragwerksstützen. Die Revisionierbarkeit ist somit durch die Begehbarkeit bzw. durch die direkte Erreichbarkeit am Dachrand gewährleistet.
Die Stützluftversorgung kann in einem Schacht im Bereich der Stützen angeordnet werden. Um Leckluft auszugleichen und das Innere des Kissens trocken zu halten wird das Kissenvolumen gespült. Dies kann über Abström-Ventile oder durch einen Lüftungskreislauf erfolgen. Die Luftversorgunsleitungen können im inneren der tragenden Stützen verlaufen. Der Stützluftdruck beträgt in den Sommermonaten ca. 300Pa. Unter Schneelast wird der Innendruck auf ca. 900-1000Pa erhöht um die Schneelast zu überdrücken.
Die Eindeckung besteht aus einer PVC-beschichtete Polyestermembrane. Alternativ kann auch eine Glasfasermembrane mit einer PTFE-Beschichtung verwendet werden. Die weiße gleichmäßig gekrümmte Kissenunterseite eignet sich sehr gut als Reflektor. Durch Bodenstrahler oder Strahler an den Tragwerksstützen wird die Dachfläche von unten beleuchtet und wirft ein gleichmäßiges Licht auf den Busbahnhofsbereich zurück.