1. Preis – Urbaner Holzbau Woodcube – Hamburg

  • Ort: Hamburg
  • Gebäudetyp: Wohnen
  • Wettbewerb: 2010
  • Verfahren: Nichtoffener Realisierungswettbewerb nach RPW
  • Auslober: IBA Hamburg
  • Architektur: Institut für urbanen Holzbau - Federführung Architekt Philipp koch
  • Tragwerksplanung: Prof. Gengnagel - UdK Berlin
  • Bauphysik / Energiedesign: Prof. Nytsch-Geusen - UdK Berlin
  • Brandschutz: bauart - München
  • Sustainability / DGNB Audit: Buro Happold - Berlin
  • Landschaftsarchitekten: Hahn von Hantelmann - Hamburg
  • Systemhersteller Holz: Züblin Timber - Aichach
  • Kontaktarchitekten Hamburg: Blauraum Architekten - Hamburg

Woodcube
Der WOODCUBE ist ein 4 bis 5 geschossiges Wohnhaus mit einer flexiblen Anzahl von Wohneinheiten in Holzmassivbauweise. Alle Wohnungen lassen sich um einen zentralen Kern auf den Etagen und über die Geschosse individuell auf die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzer anpassen. Im verdichteten Wohnungsbau stellt der individuell vorgefertigte Holzmassivbau mit technisch hervorragenden Eigenschaften bei Gebäuden mit bis zu 5 Geschossen (Gebäudeklasse IV) eine Alternative zum konventionellen Bauen dar. Die rechtliche Basis liefern die novellierten Länderbauordnungen im Zusammenhang mit der Holzbaurichtlinie. Die Anforderungen sind jedoch kompliziert und nur bedingt wirtschaftlich. Der WOODCUBE möchte mit seiner vereinfachten Konstruktion neue Impulse für das Baurecht und die Typologie im urbanen Holzbau liefern.

Smart Price
Smart Price bedeutet geringe Kosten während des gesamten Lebenszyklus des WOODCUBE. Ein ganzheitliches Energie und Ressourcenkonzept von der Erstellung über den Betrieb bis zum unproblematischen Recycling gewährleisten eine optimale Kostenökonomie.

Die effiziente Form des Würfels bietet im Inneren das größte nutzbare Volumen bei minimaler Außen bzw. Fassadenfläche. Dieses optimale A/V Verhältnis wirkt sich gleichermaßen günstig auf den Energieverbrauch während der Nutzung und die Kosten für die Errichtung aus. Der WOODCUBE strebt eine konsequente Vereinfachung der Holzbaudetails an. Die massive Holzkonstruktion vereinfacht den Schichtaufbau radikal und minimiert konstruktive Fehlerquellen und somit Kosten. Die aufwändigen brandschutztechnischen Kapselungen im mehrgeschossigen Holzbau sind nach den geltenden Bauvorschriften teuer. Das WOODCUBE Konzept bietet ein geprüftes Alternativkonzept mit brandschutztechnischen Vereinfachungen, die zu einer deutlichen Kostenreduktion führen und so den Holzbau zu einer „echten“ Alternative zum konventionellen Bauen machen. Die hochwärmedämmende Hülle in Passivhausqualität verringert den Verbrauch des Hauses auf ein Minimum. Minimaler Energiebedarf lässt den Einsatz einer schlanker dimensionierten und einfacheren Anlagentechnik mit geringeren Investitionen zu.

Nachhaltigkeit
Bei der Betrachtung der Nachhaltigkeit steht an erster Stelle die Reduzierung des Energieverbrauchs. Mit einer Reduzierung des Verbrauchs gehen eine Reduzierung des technologischen Aufwandes und auch ein geringerer Bedarf an regenerativen Energien einher. Der WOODCUBE setzt an oberster Ebene an und versucht über den Passivhausstandard den Verbrauch bestmöglich zu reduzieren. Die CO2 sparende Massivholzbauweise (aus zertifizierter Forstwirtschaft) bildet in diesem Zusammenhang eine optimale Ausgangsbasis für eine nachhaltige Bauweise. Es kommen nur baubiologisch unbedenkliche und unbehandelte Materialien zum Einsatz. Die sichtbare massive Holzkonstruktion bietet optimale Speichermassen für die Behaglichkeit und einen verbesserten Feuchteausgleich für das Raumklima. Einfache Konstruktionsaufbauten im Zusammenhang mit natürlichen Materialien garantieren langfristig ein vollständiges Recycling der Baustoffe.
Das Gesamtkonzept erreicht im Rahmen der DGNB Vorzertifizierung das Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen in Gold (!). Der durch einen DGNB Auditor geprüfte Kriterienkatalog liegt in den Anlagen bei.

Städtebau IBA
Der WOODCUBE ist als Mehrfamilienhaus mit einer Kantenlänge von 14 auf 14 Metern konzipiert. Das Haus besitzt 4 Geschosse und erzeugt in der offenen Bauweise eine angenehme urbane Dichte. Das Haus bildet vor dem Hintergrund des „Smart Price“ Gedanken einen Gegenpol zu weniger effizienten Reihenhaus- oder Townhouse- Typologien. Die Größe der Parzellen liegt bei ca. 800 m². Auf dem Baufeld bilden 4 Häuser mit ähnlichen Massen eine bauliche Linie. Die Häuser sind durchgängig 4-geschossig entworfen und erlauben über Staffelgeschosse eine Höhendifferenzierung um ein Geschoss nach oben oder unten. Die frei stehenden Häuser lassen Durchblicke zwischen den Baukörpern zu.
Der WOODCUBE ist sowohl als frei stehendes Solitärgebäude als auch als Stadthaus mit dicht angrenzender Nachbarbebauung im engen städtebaulichen Kontext entworfen. Das Haus besitzt zu allen vier Himmelsrichtungen anpassbare Fassaden, die auf die jeweilige Nachbarschaft und Einbausituation reagieren können. Die Wohnungen im Inneren besitzen Fensteröffnungen im Regelfall zu drei Seiten. Die Wohnungen lassen sich aber auch über 360° rund um den Erschließungskern herum organisieren. Durch diese Eigenschaft lässt sich das Haus in alle vier Himmelsrichtungen ohne qualitative Einbußen frei drehen. Die Organisation des Grundrisses kann flexibel auf unterschiedliche städtebauliche Situationen angepasst werden.

Grünplanung
Die Umgebung des neuen Quartiers ist geprägt durch starke räumliche Strukturen in nordsüdlicher Richtung. Wegeverbindungen laufen entlang dichter Gehölzpflanzungen, den Bosquettes. Die Außenanlagen des neuen Quartiers fügen sich in die übergeordnete Struktur ein und stützen das gestalterische Grundprinzip des bestehenden Masterplans.
Zwei Baumreihen verlaufen in nordsüdlicher Richtung, entlang der Grundstücksgrenzen des neuen Wohnquartiers und markieren die Übergangszone zwischen der Erschließungsstraße und den Gärten. Unter den kleinkronigen Bäumen sind 51 Stellplätze für die Anwohner und Besucher angeordnet. Der Quartiersplatz, der mit einer Bank versehen und partiell mit Bäume überstanden ist, dient nicht als Parkplatz, sondern lädt die Nachbarschaft zum verweilen und plaudern ein. Jeweils vier Stadthäuser stehen in Reihe auf einem parkartig gestalteten Areal. Offene Heckenstrukturen und vereinzelt gesetzte Bäume lassen, der einzelnen Baugemeinschaft genügend Raum für eine individuelle Gestaltung der eigenen Parzelle.

Freibereiche
Der WOODCUBE besitzt verschiedene Freibereiche mit unterschiedlichem Charakter: Die privaten Balkone sind den Wohnungen zugeordnet. Die versetzte Anordnung bietet Möglichkeiten zur Kommunikation untereinander. Ein flexibler textiler Sichtschutz sorgt für die notwendige Privatsphäre. Die Terrassendecks im Erdgeschoss gehören mit einem kleinen Privatgarten zu der EG Maisonette. Im Gemeinschaftsgarten ist ein Kinderspielplatz angelegt. Auf dem Dach befindet sich ein gemeinschaftliches Sonnendeck mit einem Holzbelag mit einem Rundum Ausblick in die Landschaft. Die Dachflächen ohne Holzbelag werden als Gründach gestaltet. Der befestigte Vorplatz mit Fahrradabstellplätzen ist dem Haupteingang des Hauses vorgelagert.

Grundriss Flexibilität
Die Grundrisse des WOODCUBES entwickeln sich frei nach den Bedürfnissen der Nutzer um den zentralen Kern herum. Die Größen und der Zuschnitt der Wohnungen sind dabei variabel. Jede Wohnung kann dabei nur einen Teil der Etage einnehmen oder aber auch über zwei Etagen zu Maisonetten zusammengeschaltet werden. Auf diese Weise kann das Haus ganz unterschiedliche Nutzergruppen mit ihren spezifischen Wohn- und Platzbedürfnissen unter einem Dach vereinen. Auf diese Weise bietet der WOODCUBE Wohnraum vom Ein- bis Sechs-Personenhaushalt. Die Fassaden reagieren im Zusammenhang mit den Grundrissen gleichermaßen flexibel auf die dem Haus einbeschriebenen Nutzungen: Die Panoramafenster bilden die dahinter liegenden großzügigen Wohnbereiche in der Struktur des Hauses ab und sorgen für eine optimale Belichtung. Vor den Panoramafenstern kragen die Balkone mit den privaten Freisitzen aus. Die kleineren Fensteröffnungen werden bedarfsorientiert frei in die Außenwand eingeschnitten, um die individuellen Nebenräume zu belichten.
Das Haus ist so angelegt, dass es problemlos barrierfrei mit einem Aufzug ausgestattet oder nachgerüstet werden kann. So kann z.B. eine junge Hausgemeinschaft die Investition des Aufzugs auf einen späteren Zeitpunkt verlegen.

Baugemeinschaft
Der WOODCUBE ist seinem hohen Grad an Flexibilität speziell auf die Bedürfnisse von Bauherrengemeinschaften zugeschnitten. Die Bauherrengemeinschaft bietet die Möglichkeit die Kräfte mehrer Einzelbauherren zu bündeln und gleichzeitig eine individuelle Lösung für die einzelnen Parteien zu erarbeiten. Die Bauherren können ihren zukünftigen Wohnraum im Rahmen der Planung aktiv mitgestalten. Die Steuerung und Koordination übernimmt ein erfahrener Baugruppenbegleiter, der für eine zügige Entscheidungsfindung und termintreue Projektabwicklung sorgt.
Die Wohnungen des WOODCUBE lassen geschossübergreifend unterschiedliche Wohnungsgrößen zu. Die Grundrisse sind nutzungsneutral, so dass unterschiedlichste Nutzergruppen hier zusammenfinden können.

Der prämierte Siegerentwurf mit seinen weit auskragenden Balkonen

Abweichend vom Siegerentwurf die tatsächliche Realsierung durch ein anderes Planerteam Bildrechte: Philipp Koch

 

Vorfertigung
Der Grad der Vorfertigung beim WOODCUBE beträgt über 90%. Alle Bauteile mit Ausnahme der Gründungsbauteile werden werkseitig gefertigt. Der Werkstoff Holz ist ein robustes und leicht zu verarbeitendes Baumaterial das unter industriellen Bedingungen als großformatiges Bauteil individuell vorgefertigt werden kann. Die Wand- und die Deckenelemente werden bei dem WOODCUBE geschossweise getrennt. Aufgrund der geringen Spannweiten sind keine Sondertransporte erforderlich. Die Bauteile können termingerecht und mit minimalen Toleranzen in kurzer Zeit von wenigen Monteuren auf der Baustelle eingesetzt werden.
Die aufgehenden Massivbauteile aus Stahlbeton werden ebenfalls komplett vorgefertigt und auf der Baustelle lediglich vergossen und verschweißt. Der Montagetakt der Massiv- und Holzbauteile ist aufeinander abgestimmt.
Brandschutz
Holzkonstruktionen sind gegenwärtig im verdichteten Wohnungsbau nach der Musterbauordnung in Verbindung mit Holzbaurichtlinie bis zu 5 Geschossen im Holzrahmenbau möglich. Die Konstruktionen müssen aufwändig gekapselt werden. Der Holzmassivbau orientiert sich an diesen Richtlinien. Die brandschutztechnischen Auflagen lassen den Holzbau häufig gegenüber konventionellen Konstruktionen als nicht konkurrenzfähig erscheinen.

Für den WOODCUBE wurde ein zukunftsweisenden Brandschutzkonzept für den Holzmassivbau erarbeitet, das die Vorteile der robusten Holzkonstruktion berücksichtigt und mit einer deutlich reduzierten Brandschutzbekleidung auskommt, so dass die Holzoberflächen sichtbar belassen werden können. Im gleichen Zug werden die konstruktiven Details deutlich vereinfacht. Als Kompensationsmaßnahme für die Vereinfachungen erhält das Haus eine Brandmeldeanlage, sowie eine trockene Steigleitung im innenliegenden Treppenhaus.
Die Fassadenbekleidung darf nach dem vorliegenden Konzept als natürliche Bekleidung aus Lärchenholz ausgeführt werden. Die hinterlüftet Fassade wird im vorliegenden Fall geschossweise mit einem schmalen Sperrblech gegen Brandweiterleitung ausgestattet.

Holz-Tragwerk
Das Holztragwerk wird geschossweise an das Treppenhaus angehängt. Das Treppenhaus aus Stahlbeton bildet den konstruktiv massiven Kern des Hauses. Von den Außenwänden spannen deckengleiche Unterzüge aus BSH über eine Länge von 4,20 m zum massiven Kern. Die Lage der Unterzüge ergibt sich flexibel aus der Positionierung der großen Panoramafenster mit den auskragenden Massivholzbalkonplatten. Die BSH Unterzüge bilden auch die erforderlichen Auswechslungen für den Einsatz der Maisonette Treppen.
Die Massivholzdecken des Hauses bestehen aus LENO Elementen mit einer Stärke von 21 cm Die Massivholzdecken werden über die kurze Spannrichtung von 4,20 m von den Außenwänden zum Kern bzw. den vor beschriebenen Unterzügen aufgelegt. Die Decken bleiben unbekleidet und behalten ihre natürliche Holzoberfläche.
Die tragende Außenwände werden ebenfalls aus Massivholztafeln mit einer Stärke von 85 mm konstruiert. Die tragenden Wände erhalten allseitig eine brandschutztechnisch wirksame K30 Beplankung aus Gipsfaserplatten. Die Fensterelemente werden aus den massiven Wandtafeln ausgeschnitten. Die Wandscheibe wirkt mit den Aussparungen wie ein Leiterträger. Die Wände erhalten eine außen liegende Wärmedämmung und als Außenwandbekleidung eine hinterlüfteten Lärchenholzverschalung.

Energiedesign
Der WOODCUBE ist im Passivhausstandard konzipiert, wobei die kompakte Gebäudeform, mit einer möglichst einfachen Baukonstruktion und einer aufs minimale reduzierten Gebäudetechnik kombiniert wurde. Die Hülle einschließlich Bodenplatte sind energetisch nahezu wärmebrückenfrei ausgeführt und minimieren so die Transmissionswärmeverluste. Eine effektive Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zusammen mit einem vorgeschalteten Erdreichwärmetauscher benötigen nur noch eine geringe Nacherwärmung der Zuluft an sehr kalten und sonnenarmen Wintertagen über das lokale Nahwärmenetz.

Der kompakte Baukörper verfügt mit seiner nahezu würfelförmigen Kubatur über ein sehr günstiges A/V-Verhältnis von 0,43 m-1. Im Sommer schützen die auskragenden Balkone die darunter liegenden Wohnräume vor zu hoher Einstrahlung. Die tief stehende Wintersonne kann ungestört das Gebäudeinnere belichten und passiv erwärmen. Die Außenfassade (U-Wert 0,1 W/m2K) und die Außenfenster mit Dreifachverglasung (U-Wert 0,7 W/m²K) weisen typische Passivhauskennwerte auf. Auf Grund des hohen Wärmeschutzes und der effektiven Lüftungsanlage benötigt das Gebäude insgesamt nur 13 kWh/(m²a) an Heizwärme. Alle nicht verschatteten transparenten Außenbauteile verfügen zudem über einen außen liegenden variablen Sonnenschutz. Auf Grund der einfachen Ausführung der Balkonbodenplatten aus Massivholz kann ohne aufwändige Wärmschutzmaßnahmen im Fassadenbereich der Wärmebrückeneffekt sehr klein gehalten werden. Die auf der Unterseite gedämmte Betonbodenplatte gründet über Betonpfähle im Baugrund. Eine Manteldämmung der Stützen trennt die Bodenplatte thermisch vom Untergrund ab.

Die notwendige Frischluft wird dem Gebäude über eine Zu- und Abluftanlage mit einer Wärmerückgewinnung (> 90 %) zugeführt. Zusätzlich wird die dem Gebäude zugeführte Außenluft im Winter über einen Erdreichwärmetauscher vorgewärmt bzw. im Sommer vorgekühlt. Falls notwendig, wird in der Heizperiode über einen Lufterwärmer die Zuluft mittels Fernwärme nacherwärmt. Die konditionierte Luft wird über Bodenkanäle in die Räume der einzelnen Wohnungen verteilt. Die Absaugung der Luft erfolgt in der Küche und den Sanitärräumen unterhalb der Decken.

Zur Warmwasserbereitung dient eine hocheffiziente thermische Solaranlage mit Vakuumröhrenkollektoren und einem 2000 Liter Pufferspeicher, der den Warmwasserbedarf zu 60 Prozent deckt. Den Restwärmebedarf bedient der Fernwärmeanschluss.