Anerkennung – Haltestelle und Platzfläche Spitalstadt – Eichstätt

  • Ort: Eichstätt
  • Jahr: 2012
  • Verfahren: Planungswettbewerbe (RPW) 2008
  • Auslober: Stadt Eichstätt, vertreten durch Herrn Oberbürgermeister Andreas Steppberger
  • Landschaftsarchitekten: bbz landschaftsarchitekten berlin gmbh - Berlin
  • Tragwerksplanung: ifb frohloff staffa kühl ecker - Berlin

Städtebauliche Einbindung
Der neue Bahnhofsplatz Eichstätt bildet das Herzstück der Spitalstadt, dem neuen Stadtteil auf dem ehemaligen Bahngelände westlich der Altmühl. Der Bahnhofsplatz stellt das vielgliedrige Entree, den Eingangsbereich zur Stadt Eichstätt dar und verbindet als offene großzügige Platzfläche den Bahnhof Eichstätt und den ZOB über den Herzogsteg mit der historischen Altstadt.
Der Bahnhofsplatz liegt im Zentrum zwischen der nördlichen und östlichen Neubebauung und den historischen Gebäuden der südlichen Spitalstadt bis zur Spitalbrücke. Durch diese wird der neue Bahnhofsplatz klar gefasst. Nach Westen zur Bundesstraße 13, der Weißenburger Straße erhält der Bahnhofsplatz eine räumliche Fassung durch eine Allee und einen Baumhain. Den Schwerpunkt auf dem neuen Bahnhofsplatz bildet der historische Bahnhof, der freigestellt als Solitär die Platzfläche besetzt.

Freiraumkonzept
Der Bahnhofplatz wird durch die neue zentrale Platzfläche um den historischen Bahnhof geprägt, die visuellen Sichtbezüge und die Orientierung wird verbessert. Durch die Nutzung als Gastronomie und Facilityeinrichtung wird das Bahnhofsgebäude das lebendige und soziale Zentrum des Bahnhofsplatzes. Als Pendant zum historischen Bahnhof entsteht das neue großzügiges Dachtragwerk für ZOB und Deutsche Bahn. Östlich des Bahnhofs zwischen zukünftigem Hotel, neuer Bebauung im Norden und historischer Bebauung im Süden entsteht eine offene und freie Platzfläche die durch einen Baumsolitär und einen Brunnen mit Sitzeinfassung besetzt wird. Die linearen Verbindungsräume des Bahnhofsplatzes, sowie die fußläufige Wegeachse zum Herzogsteg und die südliche Wegeachse entlang der Bundesstraße 13 werden durch Baumreihen gegliedert und führen auf die zentrale Platzfläche. Die Freiwasserstraße stellt von der Spitalbrücke kommend die zentrale Erschließung des Bahnhofsplatzes und der nördlichen Spitalstadt dar und bildet einen dieser linearen Verbindungsräume. Westlich des Bahnhofsgebäudes schließt sich ein Baumhain mit Exponaten der historischen Bahnhofsnutzung an.

Platzgestaltung
In Tradition der historischen Altstadtplätze, wie z.B. dem Residenzplatz, aber gleichzeitig als modernes Pendant, wird der Bahnhofplatz als steinerne Platzfläche mit geschnittenem und geflammten Großsteinpflaster gebildet. Die lebendig changierende Oberfläche des geschnittenen Großpflasters schafft eine angenehme Atmosphäre und hochwertige Erscheinung der Platzfläche. Der ebene und erschütterungsarmer Oberflächenbelag wird gleichzeitig den Anforderungen des Fahrverkehrs als auch denen der Barrierefreiheit von mobilitätseingeschränkten Menschen gerecht. Die Freiwasserstraße wird als Erschließungsstraße für den Unteren Anger und als Zu- und Abfahrt für den ZOB mit einem leichten Abstich von 3cm im Material der Platzfläche ausgebildet. Der neue Brunnen aus Eichstätter Jura-Marmor schafft mit seiner großzügigen Sitzrandeinfassung auf der zentralen Platzfläche eine besondere Atmosphäre und Aufenthaltsqualität vor dem historischen Bahnhofsgebäude. Die Außengastronomie belebt zusätzlich die Platzfläche. Die Eibenpaare an den Stirnseiten des historischen Bahnhofsgebäudes bleiben erhalten und erhalten eine neue als Sitzfläche ausgebildete Einfassung, ebenfalls aus Eichstätter Jura-Marmor. Der Baumhain aus Linden bildet den westlichen Abschluss der Platzfläche und schafft einen grünen Aufenthaltsraum mit der Freiraumausstellung zur Historie der Bahnnutzung. Eine Außengastronomie nutzt diesen atmosphärischen Raum.
Der überdachte Bahnsteig und ZOB schließt direkt an die Platzfläche des Bahnhofsplatzes an. Er wird mit mittelformatigen Natursteinplatten aus robustem Granit gestaltet und gleicht sich so an die Belagsflächen der Platzfläche an. Sitzflächen, Fahrtinfo und Werbetafeln, sowie Papierkörbe finden sich parallel zu den Bahnsteigen und bieten Aufenthaltsmöglichkeit für die Wartenden.
Die Verbindungsachse zum Herzogsteg und in die Altstadt wird als baumbestandener Straßenraum mit Aufenthaltsqualität ausgebildet. Das lichte Baumdach der Eschen schafft eine angenehme Atmosphäre und lädt zum kurzweiligen Verweilen und Warten zwischen Hotel und Geschäftshaus. In den Baumreihen werden Funktionen wie Lampen, Fahrradständer, Bänke und Papierkörbe integriert. Kurz vor dem Herzogsteg öffnet sich der Uferweg entlang der Altmühl zu einer kleinen Platzfläche an der die umgestaltete Haifischbar mit ihrer Wasserterrasse liegt.

Verkehrskonzept
Die Erschließung des Bahnhofsplatzes und der Spitalstadt erfolgt über die südliche Freiwasserstraße bis zur Spitalbrücke. Die Zu- und Abfahrt des ZOB erfolgt östlich des Bahnhofs niveaugleich über die Platzfläche des Bahnhofsplatzes. Die Fahrspuren im Busbahnhof werden mit Großbetonplatten ausgebildet.
Auf der Südseite des Hotels sind eine Anlieferung und eine Tiefgaragenzufahrt eingeplant. Die Hotelvorfahrt findet sich entlang der südlichen Freiwasserstraße westlich des Hotels. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sind Taxistellplätze parallel dazu vorgesehen.
Entlang der südlichen Verbindungsachse parallel zur B13 sind zentral 3 große Fahrradabstellanlagen angeordnet, die in Verlängerung über den Platz direkt auf den ZOB und den Bahnsteig führen. Weitere Fahrradstellplätze finden sich an der Haifischbar und dezentral in den Baumbändern der Verbindungsachse Bahnhof – Herzogsteg zwischen Geschäftshaus und Hotel. Ein Behinderten WC und 20 Schließfächer werden zentral im historischen Bahnhofsgebäude integriert und durch einen separaten Zugang direkt vom Außenbereich erschlossen.

Lichtkonzept Platzfläche
Das neue großzügiges Dachtragwerk für ZOB und Deutsche Bahn bildet den zentralen Ankommenspunkt, das Entree Eichstätts und wird zur Lichtskulptur im Stadtraum. Das historische Bahnhofsgebäude zentral auf dem Bahnhofsplatz wird durch eine Fassadenbeleuchtung inszeniert. Die Platzfläche und die Verbindungsachsen werden durch Mastleuchten verkehrssicher beleuchtet. Auch bei Nacht wird die Orientierung durch diese Lichtlinien deutlich. Tagsüber Sitzelement, Brunnen und Baumsolitär werden diese Elemente nachts zu Lichtobjekten. So bleibt die Aufenthaltsqualität auch in lauen Sommernächten gewährleistet. Bodenstrahler beleuchten die Baumkronen des Baumhain im Westen vom Boden her. Die Raumkante der Platzfläche wird durch eine Fassadenbeleuchtung der angrenzenden Fassaden erreicht. Die indirekte Beleuchtung schafft eine angenehme Atmosphäre.

Wirtschaftlichkeit Freianlagen
Die robuste und einfache Grundstruktur erlaubt es, mit minimalen Mitteln eine hochwertige Gestaltung und Erscheinung des Neuen Bahnhofsplatzes in Eichstätt herzustellen. Eine große Aufenthaltsqualität wird auf dem Bahnhofsplatz geschaffen und gleichzeitig die Übersichtlichkeit und Bewegungsfreiheit erhöht. Wenige hochwertige Details und eine hochwertige Materialverwendung geben dem Ort eine angemessenes Erscheinungsbild als Entree Eichstätts. Dabei wird auf zeitlose und einfache Materialien wie Naturstein und eine klassische Formensprache gesetzt. Der Bahnhofsplatz besticht durch seine schlichte, zeitlose Eleganz in dem ihn umgebenden lebendigen Stadtraum.

Dachtragwerk ZOB und DB
Auf nur wenigen filigranen Stützen ruht das nur 0,9m hohe Dachtragwerk.
Eine markante transparente Überdachung mit gefalteter Glaseindeckung und einem außen umlaufenden, weiß leuchtenden Lichtband bestimmen die hohe Qualität des neuen Eichstätter Wahrzeichen mit hohem Wiedererkennungseffekt und angemessener städtebaulicher Präsenz.
Form und Gestaltung sind schlicht und auf ein Minimum reduziert. Ziel ist ein zeitloses architektonisches Tragwerk, das sich ruhig in den historischen Kontext einfügt.
Das Tragwerk besteht aus Doppel-T-Schweißträger (750 x 250 x 20 S235) im Achsabstand von ca. 9,8m, die auf je zwei, um 2,2m eingerückten und eingespannten Stützen (∅ 350 x 20) liegen. Zwischen den Träger wird die Glaseindeckung eingehängt, die als statischer Dreiecksrahmen mit Zugband konzipiert ist. Alle Anforderungen an die TRLV (Technischen Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen) werden eingehalten, die Glaseindeckung ist zu Reinigungs- und Wartungszwecken begehbar. Ein umlaufendes geschweißtes Kastenprofil (750 x 250 x 20 S235) mit ausgerundeten Ecken übernimmt die Funktion des Ringbalkens und rahmt die Stahl-Glas-Konstruktion klar ein.
Der DB Bahnsteig mit Breite 2,75m ist komplett, die übrigen Bereiche unter dem Dachtragwerk sind weitgehend von festen Einbauten und Mobiliar freigehalten, um auch bei Stoßzeiten einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Aufgrund der Verglasung ist ausreichend Tageslicht vorhanden, sodass tagsüber auf eine künstliche Beleuchtung verzichtet werden kann. Die lichte Höhe von 4,5m ist ausreichend, um die Abgase der Busse frei abziehen zu lassen. In die Glasscheiben des Dachs sind Photovoltaik-Dünnschichtmodule integriert, die Strom für die Ladestation der E-Bikes und die Dachbeleuchtung erzeugen.
Die Entwässerung erfolgt von der 6% geneigten Glaseindeckung über offen zugängliche Edelstahlrinnen hin zu den Stützen. Über Fallrohre, die in die Stützen integriert sind, wird das anfallende Regenwasser an die Grundleitungen abgeführt.

Die verkehrstechnisch benötigte Grundbeleuchtung wird über lineare LED Leuchten erreicht, die unterseitig an den Doppel-T-Schweißträger angebracht sind. Die Akzentbeleuchtung ist in das umlaufende Kastenprofil integriert und wird mittels LED Leuchtkasten realisiert. Die Lichtintensität ist über eine einfache Steuerung dimmbar und kann entsprechend der Tages- und Jahreszeiten programmiert werden. Mittels RGB Steuerung können bei spezielle Anlässe auch Farben und Farbverläufe nach Wahl, z.B. die Farben des Eichstätter Stadtwappens Rot und Grün, realisiert werden.
Die Breite der östliche Aufstellfläche bleibt bei der aktuellen Planung mit 3,25m und wird mit einzelnen Wartebereichen ausgestattet, die dem Dachtragwerk klar untergeordnet sind. Der lichte Abstand zur Fahrbahn beträgt 1,50m und ist somit barrierefrei, unabhängig von der Halteposition der Busse. Der Abstand zum Gebäude beträgt mind. 1m. Die Wartebereiche können unabhängig von der späteren Wohn- und Geschäftshausbebauung errichtet werden. Eine Errichtung am Gebäude würde die benötigten Einbauten allerdings reduzieren und sollte in jedem Fall noch einmal geprüft werden.

Haifischbar
Aufgrund der speziellen Hochwasserthematik entscheidet sich der Verfasser für den grundlegenden Erhalt der Haifischbar bei gleichzeitiger Entwicklung eines neuen, klarer gestalteten Erscheinungsbildes. Idee ist die Entwicklung einer neuen Hülle, eines neuen Kleides für die bestehende Haifischbar durch eine umlaufende vertikale Lamellenstruktur. Die Lamellenstruktur ist als Leichtbaukonstruktion aus farbig beschichteten Aluminiumprofilen geplant, alternativ ist auch eine Lamellenstruktur aus heimische Lerche oder Eiche vorstellbar.
Der temporären Funktion entsprechend, wird die neue Hülle während den Öffnungszeiten aufgeklappt und anschließend wieder geschlossen. Die beiden schmalen Treppenzugänge werden durch eine durchlaufende Treppen- und Sitzanlage ersetzt und ermöglichen so den Entfall der Absturzsicherung und damit eine bessere Zugänglichkeit des Kiosk und der WC Anlage.
Durch den Entfall des Behinderten WC und die Verlegung des Putzraums kann ein 11,40 m² großer Abstellraum für die Aussenmöbel realisiert werden. Alle anderen Räume können erhalten werden.
Der vorhandenen reine Zweckbau wird so, mit wenigen baulichen und finanziellen Mitteln, in ein architektonisches Objekt verwandelt, belebt den öffentlichen Raum und wird nun dem Erwartungen an eine ‘Haifischbar’ gerecht.